Gewerberaummiete: Wie Sie fünf typische Fallstricke bei der Anmietung von Arztpraxen vermeiden!
Mietverträge für Arztpraxen dürfen keinesfalls unkritisch unterschrieben werden. Denn hierdurch können durchaus finanzielle Verpflichtungen in einer Größenordnung von mehreren hunderttausend Euro eingegangen werden. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über fünf typische „Fallstricke“ im Mietvertrag, die vor einem Vertragsschluss gut überlegt sein sollten.
Fallstrick 1: Mietdauer und Kündigungsfristen
Weit verbreitet ist die Meinung, dass Mietverträge für eine Arztpraxis - ebenso wie Wohnungsmietverträge - unter Einhaltung einer Kündigungsfrist zeitnah zu kündigen sind. Dass Gewerbemietverträge während der vereinbarten Laufzeit oft fünf oder zehn Jahre oder sogar noch länger unkündbar sind, ist häufig nicht bekannt. Treten unerwartet zwingende Gründe ein, den Vertragsarztsitz zu verlegen, ist dies eventuell nur möglich, wenn der Mietzins für die alten Praxisräume bis zur Beendigung des Mietverhältnisses weiter gezahlt wird.
Praxistipp: Der mietende Arzt sollte einerseits darauf dringen, einen Mietvertrag mit möglichst kurzer erstmaliger Mietzeit abzuschließen. Andererseits sollte er unbedingt darauf achten, ein weiteres einseitiges Optionsrecht auf Verlängerung des Mietvertrags zu vereinbaren.
Achtung: Die Erfahrung zeigt, dass Ärzte häufig vergessen, die Optionen auszuüben, da die Termine hierfür nicht notiert werden. Das kann zu erheblichen Problemen führen, da der Vermieter dann das Mietverhältnis - anders als im Wohnungsmietrecht - ohne die Angabe von Gründen kündigen kann. Daher müssen bei Abschluss des Mietvertrages unbedingt die Fristen zur Ausübung der Optionsrechte notiert werden.
Beispielsformulierung
Das Mietverhältnis beginnt am ... und endet am ... Nach Beendigung der Festmietzeit ist der Mieter berechtigt, das Mietverhältnis durch Optionserklärung ...-mal um jeweils ... Jahre zu verlängern. Die Optionserklärung ist spätestens drei Monate vor Ende der Festmietzeit bzw. vor Ende der jeweiligen Optionszeit abzugeben. |
Fallstrick 2: Abstandszahlung
Nur gelegentlich gelingt es, gegen Zahlung einer erheblichen Abstandssumme vorzeitig aus einem Mietvertrag entlassen zu werden. Hierauf lassen sich Vermieter immer seltener ein. Der Grund dafür ist: Wegen der momentanen wirtschaftlichen Lage ist es äußerst schwierig, einen Nachmieter zu finden. Zudem wird häufig auch keine Einigung über die Höhe der Abstandszahlung erzielt.
Praxistipp: Abstandszahlungen können in der Regel steuerlich geltend gemacht werden. Daher sollte unbedingt mit dem Steuerberater besprochen werden, wie die Zahlung erfolgen soll (zum Beispiel in einer Summe oder als Ratenzahlung)
Fallstrick 3: Betriebspflicht
Grundsätzlich ist der Mieter auf Grund eines Mietvertrages nur berechtigt, das Objekt zu nutzen, er ist aber nicht dazu verpflichtet. Der Vermieter hat jedoch in der Regel ein Interesse daran, dass das gewerbliche Mietobjekt nicht leer steht, da es in solchen Fällen oft im Wert sinkt. Daher wird in Praxismietverträgen gelegentlich eine Betriebspflicht vereinbart. Das bedeutet, dass der mietende Arzt nicht nur die Miete zahlen, sondern die Praxis auch betreiben muss. Wenn schon der Umstand, die Miete zahlen zu müssen, eine erhebliche finanzielle Belastung bedeutet, kann die Vereinbarung einer Betriebspflicht dieses Problem noch steigern:
Standort-Sonderfälle
In bestimmten Fällen wie zum Beispiel bei Einkaufszentren hängt die Vermietbarkeit der weiteren Ladenlokale in der Regel sogar davon ab, dass möglichst viele der Läden vermietet sind. In derartigen Mietverträgen wird häufig eine Betriebspflicht vereinbart. Beabsichtigen Sie die Anmietung von Räumen in einem Einkaufszentrum, sollten Sie stets prüfen (lassen), ob im Mietvertrag eine Betriebspflicht vorgesehen ist.
Auch der Vermieter, der in einem Ärztehaus eine Apotheke betreibt, hat ein erhebliches wirtschaftliches Interesse daran, dass die vermieteten Arztpraxen betrieben werden. In solchen Fällen wird im Mietvertrag mit dem Arzt ebenfalls meist eine Betriebspflicht vereinbart sein.
Praxistipp: Mietverträge in Einkaufszentren oder in Ärztehäusern sollten - auch im Kleingedruckten - besonders aufmerksam überprüft werden, ob eine Betriebspflicht im Vertrag enthalten ist.
Problem: Gesamtkonzept
Nach herrschender Rechtsprechung kann eine Betriebspflicht nur ausdrücklich vereinbart werden. Nur nach einer Mindermeinung soll es möglich sein, dass sich eine Betriebspflicht stillschweigend aus einem Gesamtkonzept heraus ergibt. Dieses ist beispielsweise der Fall, wenn der Zweck beschrieben wird, zu dem die Mieträume vermietet werden („zum Betrieb einer/eines ...“).
Gleiches kann möglicherweise gelten, wenn dem Abschluss des Mietvertrages Verhandlungen voraus gegangen sind, in denen der Vermieter zum Ausdruck gebracht hatte, dass er Wert darauf legen würde, die Tradition seines Betriebs fortzuführen. Werden daher Praxisräume in einem von einem Apotheker betriebenen Ärztehaus oder einem Einkaufszentrum angemietet oder ist die Arztpraxis Teil eines wie auch immer gearteten Gesamtkonzepts, sollten Sie zur Sicherheit immer versuchen, die Vereinbarung einer Betriebspflicht im Mietvertrag zu umgehen.
Auch Gespräche über bestimmte Öffnungszeiten bzw. die Vereinbarung fester Öffnungszeiten im Mietvertrag sollten für Sie immer Anlass dafür sein, eine Betriebspflicht der angemieteten Praxisräume im Mietvertrag ausdrücklich auszuschließen.
Praxistipp: Falls Bedenken bestehen, ob sich aus einer Formulierung eine Betriebspflicht ergibt, sollte der Vermieter um eine - schriftliche! - Klarstellung gebeten werden.
Beispielsformulierung
Aus der Formulierung ... in § ... ergibt sich keine Betriebspflicht für die Arztpraxis. |
Fallstrick 4: Praxisnachfolge
Zahlreiche Vereinbarungen, die für einen niedergelassenen Arzt von existenzieller Bedeutung sein können, sind in den entsprechenden Mietverträgen häufig nicht enthalten. So ist zum Beispiel bei Abgabe der Praxis an einen Nachfolger die Übertragung des Mietvertrags auf den Nachfolger nicht ohne weiteres möglich. Hierfür ist vielmehr die Genehmigung des Vermieters erforderlich.
Wird dies nicht beachtet, können die Folgen verheerend sein: Der Verkauf einer Praxis wird vielfach unmöglich oder es müssen erhebliche Abschläge beim Preis gemacht werden, da der Wert einer Praxis oft vom Praxisstandort abhängt. Und häufig stimmen dann Vermieter dem Eintritt des neuen Praxisinhabers nur unter der Bedingung einer Mieterhöhung zu. Dementsprechend versuchen die Erwerber des Vertragsarztsitzes, den Kaufpreis der Praxis zu drücken.
Den meisten Ärzten ist nicht bekannt, dass der Vermieter das Recht hat, im Falle des Todes des Mieters gemäß § 580a Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) den Mietvertrag spätestens am dritten Werktag eines Quartals zum Ende des nächsten Quartals zu kündigen. Die Kündigungsfrist beträgt also in diesen Fällen etwa sechs Monate. Dieses Sonderkündigungsrecht kann zu erheblichen Problemen der Erben bei der Verwertung der Praxis führen.
Praxistipp: Der Vermieter sollte daher bereits bei Abschluss des Mietvertrages die Genehmigung erteilen, den Mietvertrag auf einen Nachfolger zu übertragen. Das Sonderkündigungsrecht des Vermieters im Falle des Todes des Mieters muss unbedingt ausgeschlossen werden.
Beispielsformulierung
Der Mieter ist berechtigt, weitere Ärzte zur Begründung einer Kooperation in seine Räume aufzunehmen. Nimmt er einen oder mehrere Ärzte auf, so kann er verlangen, dass der/die aufgenommenen Ärzte in den Mietvertrag mit den gleichen Rechten und Pflichten eintreten können, oder dass der Mietvertrag auf die gegründete Kooperationsgesellschaft übergeht. Der Vermieter erklärt hierzu bereits jetzt seine Zustimmung. Der Vermieter kann seine Zustimmung nur dann zurücknehmen, wenn in der Person des eintretenden Arztes ein wichtiger Grund liegt. Ein wichtiger Grund ist zum Beispiel dann gegeben, wenn der eintretende Arzt nicht über die erforderliche wirtschaftliche Bonität verfügt oder wenn der Vermieter auf Grund einer bereits bestehenden Konkurrenzschutzklausel in einem anderen Mietvertrag gehindert ist, seine Zustimmung zu erteilen. Wird die Praxis veräußert, so sind sowohl der Mieter als auch seine Erben berechtigt, den Mietvertrag auf einen Nachfolger zu übertragen. Der Vermieter verzichtet auf sein Sonderkündigungsrecht gemäß § 580a Abs. 2 BGB. |
Fallstrick 5: Nebenkosten
Manche Vermieter setzen Nebenkosten zu niedrig an, um ihr Angebot attraktiv erscheinen zu lassen. Erhebliche Nachzahlungen lassen dann nicht lange auf sich warten. Häufig werden die Nebenkosten sowieso unterschätzt. Denn der Vermieter von Gewerberaum kann - im Gegensatz zum Wohnungsvermieter - sämtliche anfallenden Kosten auf den Mieter umlegen. So können zum Beispiel die Kosten der Reinigung der Hausfassade oder die Kosten der Bewachung des Mietobjektes auf den Mieter umgelegt werden. Häufig wird der Mieter verpflichtet, die Kosten der Wartung elektrischer Einrichtungen (Klimaanlage, Datennetze etc.) und die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung in den Mieträumen (Fenster, Waschbecken, Toilettenspülung etc.) zu übernehmen. In diesen Fällen sollten Sie unbedingt eine Höchstgrenze der von Ihnen als Mieter zu zahlenden Summe pro Jahr vereinbaren.
Praxistipp: Überprüfen Sie die Nebenkostenabrechnung der letzten Jahre oder lassen Sie sich vom Vermieter bescheinigen, dass die Nebenkosten realistisch angesetzt worden und Nachzahlungen nicht zu erwarten sind. Was viele Mieter nicht wissen: Nach der gesetzlichen Regelung sind sämtliche Nebenkosten vom Vermieter zu tragen. Enthält Ihr Mietvertrag daher keine Nebenkosten-Vereinbarung, sind sie vom Vermieter zu tragen.
Fazit
Der Abschluss eines Mietvertrags über eine Arztpraxis wirft vielfältige Fragen auf. Empfehlenswert ist sicherlich die Prüfung durch einen Rechtsanwalt, um Ihren konkreten Einzelfall optimal zu gestalten.